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Durchbeissen, Grenzen ausloten, weiter laufen: Esther Maag. Links beim Training in Liestal,
rechts als eine von Zweitausend beim Rotterdam Marathon im März.
Bis an den Rand der Höhenmeter hinzu. Maag schwankte, Dank ihrer Marathonläufe hat sie
Erschöpfung hatte mit der Höhe zu kämpfen, und gelernt, ihren Körper in diesem Grenz-
Am Rand des Möglichen – zumindest hätte sie die Rennleitung so gesehen; bereich kennen zu lernen – «etwas, das
gelegentlich – bewegt sich Esther Maag, man hätte sie aus dem Rennen genom- im hiesigen Alltag kaum mehr möglich
einst höchste Baselbieterin, Unterneh- men. ist.» Für sie steht fest: Der menschliche
merin, Liestalerin, 53. Dann nämlich, Doch Maag lief weiter. Und erreichte Körper ist nicht gebaut, um tagein und
wenn sie ihre Laufschuhe schnürt, um das Ziel. Nicht als Erste, darum geht es tagaus zu sitzen.
42,195 Kilometer zurückzulegen. Maag ihr auch gar nicht. Noch nie lief sie Vor elf Jahren lief Esther Maag ihren
läuft Marathon. Dabei begibt sie sich gegen die Uhr, das Erlebnis zählt, das ersten Marathon – in Basel. Vor drei Wo-
in den Ausnahmezustand. Wie damals Durchbeissen, Grenzen auszuloten und chen folgte ihr bislang letzter in Rotter-
am New York Marathon, als sie kurz bisweilen zu verrücken. «Für mich ist dam, dazwischen: Grenzerfahrungen in
nach Kilometer 25 gegen die Wand Laufen etwas Spirituelles», sagt sie. New York und Kopenhagen, im Berner
lief, also jenen Zustand erreichte, den Diese Spiritualität erlebt sie, wenn sie Oberland. Wenn sie ein Ziel hat, läufe-
Läufer erfahren, wenn gar nichts mehr jenen Punkt erreicht, an dem der Körper risch betrachtet, dann dieses: «Ich lief
geht. «Ich wollte mich nur noch in den nicht mehr will. Dann rücke das Ich in die 42 Kilometer 42-jährig erstmals.
Strassengraben legen», erinnert sie sich. den Hintergrund, man tauche in eine fast Mein Traum ist es, mit 84 Jahren noch
Doch Maag lief weiter. So wie in schon meditative Leere und stelle das fit genug zu sein, meinen letzten Mara-
jedem ihrer Marathons. Auch am Denken ab, das ewige Rotieren um sich thon zu laufen.» Dann hätte sie, schiebt
Jungfrau-Marathon, einem der härtesten selbst und die Welt, erfahre Gelassen- sie lachend nach, endlich auch mal
Läufe überhaupt. Zu den – für die heit. «Und dann merkt man auch, dass Gewinnchancen. lh
meisten übermenschlichen – 42 Kilo- man zu sehr viel mehr fähig ist, als man
metern, kommen hier noch 1’800 dachte.»
LiMa Mai – Juni 2016 – 23 –