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Also ist Farbe eine rein subjektive    Liegt es nicht in der Natur des        send erörtert werden kann – und lässt
       Wahrnehmung?                           Menschen, dass er nach eindeutigen     dann alle Meinungen gelten. Aber hier
           Gegen die Subjektivität spricht, dass   Beweisen verlangt?                käme die Philosophie, die die über-
       Farben in einem Verhältnis zueinander      Die Forderung nach Beweisen ist    greifenden Zusammenhänge denkt.
       stehen, dass es eine Ordnung gibt. Diese   legitim. Das Wichtigste aber ist, dass
       Ordnung existiert, und sie ist für alle   wir offen für Erscheinungen und nicht   Aber Sie müssen doch auch nach
       dieselbe                               von Ideologien geleitet sind. Ich würde   Beweisen dürsten.
                                              gern den Begriff Bewährung einbringen:      Antworten sind nicht nur Sätze,
       Etwa der immer gleiche Farbverlauf     Vielleicht gibt es dort, wo es keine   Antworten können auch Handlungen
       eines Regenbogens?                     Beweise gibt, doch die Möglichkeit der   sein – und ihrerseits wiederum Fragen,
           Beispielsweise, genau. Wir haben   Bewährung.                             was aber auch umgekehrt gilt. Man darf
       also gleichsam einen «Beweis» für das                                         Fragen nicht als etwas per se Schlechtes
       Subjektive und das Objektive der Farben.   Das klingt, als wäre die Welt zu   empfinden. Sie sind nichts Störendes.
       Darum weigere ich mich zu entscheiden,   naturwissenschaftlich?               Warum gibt es Farben? Mit jeder
       ob Farbe nun objektiv oder subjektiv ist.      Die Gesellschaft ist etwas zu stark   möglichen Antwort ergeben sich neue
       Dieses Entweder-oder taugt in dieser   von den Naturwissenschaften geprägt.   Fragen. Für mich ist das nichts Unbefrie-
       Frage nicht, genauso wenig, wie es in   Man macht sie zum alleinigen Massstab.   digendes.
       Bezug auf die meisten Lebensfragen     Spricht man allerdings über Lebens-
       taugt. Wir müssen unser Denken von zu   fragen, ist man sich schnell einig, dass
       einfachen Gegenüberstellungen reinigen.   wissenschaftlich hier nichts abschlies-



























                                                                                             LiMa November – Dezember 2017  – 41 –
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